Der französische Südwesten ist ein weinbaulich ausgesprochen vielschichtiger, enorm spannender und nicht zuletzt äußerst traditioneller Landstrich. Nur leider merkt das hierzulande kaum jemand, von einigen Spezialisten und Dauerurlaubern mit Nischenwissen einmal abgesehen. Die allermeisten Weinfreunde haben sicher schon einmal etwas von Bergerac, Gaillac oder vielleicht sogar von den Côtes-de-Duras gehört oder im besten Fall auch getrunken. Doch sind diese teils jahrhundertealten Anbaugebiete mit ihren malerischen mittelalterlichen Ortschaften beileibe nicht in aller Munde, sie bekommen seitens des Handels, der Gastronomie, der Weinkritik und nicht zuletzt des Konsumenten so gut wie nie die Aufmerksamkeit, die ihre Erzeugnisse in unseren Augen verdient hätten. Es herrscht geradezu bleiernes Schweigen, als sei man dort unten in Aquitanien ein wenig isoliert vom Puls der Weinwelt, ja als läge man regungslos im Schatten des nahen Kolosses Bordeaux. Dass diese Unauffälligkeit in mangelndem Selbstbewusstsein und minderer Innovationskraft resultiert, kann man jedoch glücklicherweise nicht generell behaupten, gibt es doch in den allermeisten der zahlreichen Appellationen der Region inzwischen aufstrebende Betriebe, die vieles anders und fast alles besser machen als ihre selbstgenügsamen Väter, die heraus wollen aus der selbstverschuldeten Unbekanntheit. Die Bedingungen für den Anbau von Reben sind – das mag angesichts der geografischen Lage zwischen Saint Emilion und Bergerac nicht verwundern – gerade im Gebiet Côte-de-Duras alles andere als unvorteilhaft: Im Umland des namensgebenden Städtchens gedeihen primär auf Molasse-Böden die klassischen Bordeauxsorten prächtig, das Klima gibt sich aufgrund der etwas größeren Entfernung zur Dordogne allerdings kontinentaler als am „Rechten Ufer“ von Bordeaux. Kurzum: Die Winter sind marginal kälter, die Sommer hingegen leicht wärmer und die Niederschläge fallen geringer aus. Insgesamt stehen etwa 2200 Hektar im Ertrag, den Sortenspiegel dominiert mit rund 60 Prozent ganz klar der Merlot, gefolgt von den beiden Cabernets und ein wenig Malbec, der hier wie in weiten Teilen des Südwestens Cot genannt wird. Für die Weißweine, die immerhin gut über ein Drittel der Produktion ausmachen, nutzt man primär das bekannte Bordeaux-Dreigestirn aus Sauvignon, Sémillon und Muscadelle, dazu die Cognac-Traube Ugni Blanc sowie therapeutische Mengen einiger regionaler Spezialitäten wie etwa Chenin blanc unter seinem regionalen Synonym Pineau de Loire. Die Kleinstmengen Süßwein, die herausragend sein können, jedoch bei weitem nicht in jedem Jahr erzeugt werden – abermals eine Folge der doch recht großen Distanz zur Edelfäule spendenden Dordogne mit ihren herbstlichen Morgennebeln – komplettieren das ungewöhnlich breite Portfolio der Gegend. Gerade diese Vielfältigkeit der abgefüllten Weine ist gleichermaßen Stärke und Schwäche der Côtes-de-Duras: Es gibt wie auch andernorts zwar immens viel zu entdecken, doch fehlt der Appellation vielleicht ein wenig das messerscharfe Profil, ja ein bestimmter Weintyp, der so nur hier vorstellbar und damit leichter zu vermarkten ist. Nichtsdestotrotz gilt es für jeden ambitionierten Weinlaien und erst recht für die professionelle Zunft der Händler, Autoren und Kritiker, die Côtes-de-Duras im Auge zu behalten. Noch ist nicht ausgemacht, ob dort unten - quasi im Hinterhof des Big Business von Bordeaux - etwas originär Eigenständiges im Entstehen begriffen ist. Erste vielversprechende Ansätze kann man bei den besten Erzeugern durchaus beobachten. So lange diese Frage nicht entschieden ist, freuen wir von Finkenweine uns über die stilsicheren und noch immer erfreulich preiswerten Alternativen zu den Ikonen von Bordeaux.